Komponist, Musiker und Unternehmer
Vortrag von Dr. Klaus-G. Fischer
Es ist aufschlussreich, die beiden bedeutendsten Komponisten des Barockzeitalters gegenüber zu stellen: Beide wurden 1685 geboren; der etwa einen Monat ältere Georg Friedrich Händel in Halle und Johann Sebastian Bach in Eisenach. Während Bachs musikalische Karriere im Wesentlichen auf Thüringen und Sachsen beschränkt blieb und Dienst an Höfen adliger Regenten (Weimar, Köthen) und Städten (Arnstadt, Mühlhausen, Leipzig) beinhaltete, verstand es Händel, sich in Europa weit (Hamburg, Rom, Florenz, Neapel, Venedig, Hannover, London, Dublin) zu etablieren und stets auf Augenhöhe mit Königen, Kardinälen und dem Hochadel als Auftraggebern und Unterstützern zu leben.
Im Gegensatz zu Bach hat Händel die italienische Oper zum Zentrum seines musikalischen Ehrgeizes gemacht, bis hin zur dreimaligen Gründung und Organisation von immerhin jeweils fast zehn Jahre bestehenden Opernunternehmen in London. Dort lag der Lebensschwerpunkt von Händel seit 1712; er wurde 1727 als George Frideric Handel englischer Staatsbürger.
Der Vater von Händel war Hofchirurgius und der Musik eher abgeneigt. Herzog Johann Adolf erkannte das Genie des Jungen und förderte die musikalische Ausbildung. 1702 war Händel Domorganist an der Marktkirche in Halle, aber schon 1703 ging er an das Opernhaus nach Hamburg, das damals eine erste Adresse in Europa war. Das brachte ihm eine Einladung nach Italien ein, der er 1706 folgte, auf eigene Kosten, nicht als Mitglied der Entourage eines Adligen.
In Rom war er hoch geschätzter Gast beim Hochadel und bei Kirchenfürsten. Opern und Oratorien waren ebenso der Garant für aufsehenerregende Erfolge wie seine Fähigkeiten als Cembalo- und Orgelvirtuose. „Il caro Sassone“ nannten sie ihn. Nicht zuletzt seine beharrliche Weigerung, römisch-katholisch zu werden, machte den Abschied aus Italien leichter, der ihn über Hannover (Hofkapellmeister bei Kurfürst Georg Ludwig von Hannover, der als Georg I 1714 Nachfolger von Queen Anne auf dem englischen Thron wurde) nach London. Dort brillierte Händel mit Musik für den Hof (Utrecht Te Deum und Jubilate für Queen Anne (1713); Wassermusik für Georg I (1717); Dettinger Te Deum für Georg II (1747)), aber auch mit zahlreichen weit beachteten Opernaufführungen, für deren Aufführung Opernakademien als „Aktiengesellschaften“ gegründet wurden. Nach Insolvenz der dritten Akademie widmete sich Händel ab 1739 verstärkt dem Oratorium. „The Messiah“, den er 1742 in Dublin uraufführte, gilt als eines der populärsten Beispiele geistlicher Musik des Abendlandes. Ebenso gilt Händel als Erfinder des Orgelkonzertes, das er als Pausenmusik für die Oratorien konzipierte.
Etliche Musikbeispiele verdeutlichten den musikalischen Stellenwert Georg Friedrich Händels, der 1759 am Ostersamstag in London starb und als englischer Nationalheld in der Westminster Abbey beigesetzt wurde. Übrigens: Händel und Bach sind sich nie persönlich begegnet, obwohl Bach sich darum bemühte. Schade, dass man beim Lesen dieses Berichts die wunderbaren Musikbeispiele nicht hören kann. Die Zuhörerinnen in Moers konnten es und haben es genossen.
Iris Fischer