Unser Verband gehört zu den traditionsreichen deutschen Frauenverbänden und ist als gemeinnützig und förderungswürdig anerkannt. Er arbeitet überparteilich und überkonfessionell.
Dr. Elisabeth Kessler-Slotta
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Elke Cronau
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125 Jahre Frau und Kultur
Der Frauenkongress im Oktober 1896 gab die Initialzündung zur Gründung des Vereins für Verbesserung der Frauenkleidung – der Keimzelle des heutigen Verbandes Frau und Kultur. Ein klar umrissenes Ziel hatten die Gründerinnen vor Augen: Befreiung der Frau von der gesundheitsschädigenden Modetyrannei. Der Verzicht auf einschnürende Statussymbole der bürgerlichen Gesellschaft war nicht nur ein Akt medizinischer Vernunft, sondern auch ein Akt der Emanzipation.
Das große Verdienst des neugegründeten Vereins: Es wird nicht nur protestiert, sondern gehandelt. Reformkleider sollen für jede Frau erschwinglich sein. Also werden Schnittmusterbogen entwickelt, Anleitungen zum Selbstschneidern alltagsgerechter Modelle gegeben, Berufskleider entworfen und Nähstuben eingerichtet. Unter dem Motto „Gesund, praktisch, schön“ wurde die in eigenen Ateliers entwickelte Reformkleidung in den Zweigstellen vorgestellt. Werbewirksam ist dabei die seit 1897 bestehende eigene Vereinszeitschrift. Die Idee der Kleiderreform passt gut ins Konzept der überall aufblühenden Reformbewegungen für eine natürliche Lebensweise.
Aufbau eines Netzwerkes
Besonders aktiv ist der 1897 gegründete Dresdner Zweigverein, der sich von Anfang an um internationale Kontakte bemüht. In Wien, England, Riga und in Holland entstehen Zweigvereine, und auch innerhalb Deutschlands werden die Verbindungen zu anderen Frauenorganisationen ausgebaut. Der Deutsche Verband zur Verbesserung der Frauenkleidung, wie er seit 1907 heißt, ist nun in zahlreichen deutschen Städten vertreten. Deutlich wird das Bemühen um ästhetisch-künstlerische Kleidergestaltung und den Mut zu Individualität.
Sozialer Einsatz und kulturelle Schwerpunkte
Mit dem Ersten Weltkrieg kommen neue Aufgaben auf den Verband zu. Soziale Dienste für Soldaten und Zivilbevölkerung stehen nun im Mittelpunkt. Es werden Nähkurse und Heimarbeit organisiert, Patenschaften und Pflegedienste übernommen.
Der Verband organisiert nach dem Krieg Kleiderschauen und Wohnberatung. Es werden Vorträge über gesunde Ernährung gehalten, künstlerische und kunsthandwerkliche Techniken vermittelt. Fragen der Erziehung rücken mehr und mehr in den Vordergrund. Der Verband Deutsche Frauenkultur, wie er seit 1929 heißt, hat nun über 70 Zweiggruppen.
Die Verbandsarbeit kommt 1944 ganz zum Erliegen. Doch nach Kriegsende trifft man sich wieder in improvisierten und schäbigen Unterkünften, der Herzlichkeit und dem Tatendrang tut dies keinen Abbruch.
1948 findet die erste Nachkriegstagung des Verbandes statt. Allerdings haben die Gruppen jenseits der Elbe, Oder und Neiße nicht mehr die Möglichkeit, sich als Verband neu zusammenzufinden. Doch die Solidarität und Hilfsbereitschaft über Grenzen hinweg bleibt bestehen.
Während es anfangs noch ums Organisieren elementarer Lebensgrundlagen geht und Kultur gewissermaßen zu den Luxusgütern gehört, erwacht schon bald wieder das Bedürfnis nach kulturellen Erlebnissen.
Ausbau der Sachgebiete
Deshalb wird die schon vor dem Krieg bestehende Aufteilung des kulturellen und sozialen Spektrums in einzelne Sachgebiete erweitert. Schwerpunkte sind Kunst, Literatur, Erziehung, Gesundheit und Werkgestaltung. Später kommen Musik und Theater, Umwelt, Medien und Soziales dazu. Die Wohnberatung nimmt vor allem in der Aufbauphase eine wichtige Stellung ein. Da sich auch ein unpolitischer Verband nicht der politischen Stellungnahme und Verantwortung entziehen kann, wird das Sachgebiet Staatsbürgerliche Verantwortung geschaffen.
Frauenverbände bieten engagierten Frauen Entfaltungsmöglichkeiten und vermitteln ihnen Sachkompetenz und damit Selbstvertrauen auch über den Verbandsrahmen hinaus. Dabei wachsen Kommunikationsfähigkeit und Bereitschaft zur Toleranz. Bei Aktionen, die Teamarbeit erfordern, entsteht ein Wir-Gefühl, das oft über Jahrzehnte verbindet und weiter besteht, wenn die Beteiligten durch Alter oder Krankheit nicht mehr aktiv am Verbandsgeschehen teilnehmen können. Sich in einer Gruppe aufgehoben zu wissen, kann in Notsituationen besonders wichtig sein.
Braucht es dazu einen Verband? Fest steht: Ohne ein Netzwerk aus Gruppen- und Sachgebietsarbeit, eine Zeitschrift als verbindendes Element, einen Bundesvorstand, bei dem alle Fäden zusammenlaufen, hätte sich der Verband, der seit nahezu 50 Jahren „Frau und Kultur“ heißt, niemals über einen so langen Zeitraum behaupten und entfalten können.
Wie wird es weitergehen?
Eine neue Zeit bringt neue Fragestellungen, neue Herausforderungen. Die Zukunft des Verbandes hängt davon ab, ob und wie wir sie bewältigen. Zum Beispiel:
- mehr Menschen für den Verband zu gewinnen
- Kooperation mit anderen Gruppen
- mehr Mitglieder, für die Vorstandsarbeit zu gewinnen
Der Aufgaben gibt es viele. Der Verband Frau und Kultur hat sich in der Vergangenheit als traditionsbewusst, aber gleichzeitig als aufgeschlossen und wandlungsfähig erwiesen. Er wird auch den vielfältigen Anforderungen der Zukunft gewachsen sein.
Aus der Verbands-Chronik von Irma Hildebrandt